In der Schweiz gehören die über 50-Jährigen zu einer stetig wachsenden Bevölkerungsgruppe. Diese Generation, geprägt von geburtenstarken Jahrgängen, verfügt über eine solide finanzielle Basis und eine steigende Kaufkraft. Sie sind weder homogen noch leicht einzuordnen, doch sie prägen Wirtschaft und Gesellschaft stärker als jede andere Altersgruppe. Dennoch hat die Werbung lange gebraucht, um sie wirklich ernst zu nehmen – und vor allem richtig anzusprechen.
Während in der Werbung oft eine idealisierte Welt voller junger Menschen gezeigt wird, möchten die über 50-Jährigen nicht nur Zuschauer sein. Sie wollen ernst genommen werden – nicht als «Senioren», sondern als aktive, lebensfrohe Menschen, die mitten im Leben stehen. Dieser Anspruch verändert nicht nur die Werbung, sondern auch die Produktentwicklung grundlegend.
Innovationen, die den Alltag erleichtern
Ein gutes Beispiel für generationenübergreifende Produkte ist die Entwicklung von Technologien, die Menschen mit Hör- oder Sehbeeinträchtigungen unterstützen, ohne sie zu stigmatisieren. Eine innovative App, die in Kinos getestet wird, ermöglicht es Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen, Filme besser zu geniessen. Über Kopfhörer, verbunden mit einer App, können sie die Dialoge klarer hören, während störende Hintergrundgeräusche reduziert werden. Das Besondere: Die App läuft auf normalen Smartphones, sodass niemand das Gefühl hat, ein «Spezialgerät» nutzen zu müssen. Diese Integration fördert die Akzeptanz und zeigt, wie moderne Technologie Barrieren abbauen kann.
Auch in der Automobilindustrie gibt es Beispiele für die Anpassung an ältere Zielgruppen, die dennoch alle Altersklassen ansprechen. Fahrzeuge mit einem höheren Einstieg, wie sie bei vielen SUVs zu finden sind, erleichtern nicht nur Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit das Ein- und Aussteigen, sondern sind auch bei jüngeren Käufern beliebt. Diese Art von Innovation zeigt, wie generationenübergreifendes Design funktioniert.
Der demografische Wandel in der Schweiz
In der Schweiz, wo die Lebenserwartung stetig steigt, stellen sich immer mehr Branchen auf die alternde Gesellschaft ein. Produkte, die früher speziell für ältere Menschen vermarktet wurden, erhalten eine neue Ausrichtung. Statt stigmatisierender Begriffe wie «Seniorenfreundlich» wird der Fokus auf Funktionalität und Eleganz gelegt. Die Zielgruppe schätzt hochwertige und praktische Lösungen, die für alle attraktiv sind.
Ein weiteres Beispiel ist der Schweizer Tourismus. Immer mehr Angebote richten sich an die Generation 50+, die nicht nur solvent ist, sondern auch Zeit für Reisen hat. Barrierefreie Hotels, Wanderwege mit klaren Markierungen und seniorenfreundliche Wellnessanlagen gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig werden diese Angebote so gestaltet, dass sie auch für jüngere Menschen ansprechend sind – etwa für Familien oder Paare.
Wie die Werbung umdenkt
Die Werbebranche hat begonnen, Klischees zu überwinden. Die Generation 50+ möchte weder mit jungen Erwachsenen gleichgesetzt noch auf gebrechliche Senioren reduziert werden. Stattdessen wünschen sie sich eine Darstellung, die ihr aktives und selbstbestimmtes Leben widerspiegelt. Eine moderne Kommunikation spricht diese Menschen lieber fünf bis zehn Jahre jünger an, als sie biologisch sind, um das gefühlte Alter zu treffen.
Ein besonders gelungenes Beispiel findet sich in der Modeindustrie: Marken wie «Mammut» oder «Kjus», die ursprünglich auf Outdoor-Sportler abzielten, haben ihre Kollektionen um bequeme und dennoch stilvolle Kleidung erweitert. Diese neuen Linien sind bei den über 50-Jährigen ebenso beliebt wie bei jüngeren Käufern – ein Beweis, dass gute Produkte keine Altersgrenzen kennen.
Die Zukunft der Zielgruppe
Mit wachsendem Alter steigt auch die Lebenserfahrung. Dies macht die Generation 50+ anspruchsvoll: Sie hinterfragt Produkte und Dienstleistungen kritischer und erwartet echte Qualität statt leere Werbeversprechen. Unternehmen, die sich auf diese Zielgruppe einstellen, erkennen, dass generationenübergreifende Ansätze der Schlüssel zum Erfolg sind.
Neben Technologie und Tourismus profitiert auch die Lebensmittelbranche vom demografischen Wandel. In der Schweiz legen immer mehr ältere Menschen Wert auf gesunde Ernährung. Produkte, die mit zusätzlichen Nährstoffen wie Kalzium oder Magnesium angereichert sind, treffen den Nerv der Zeit – allerdings ohne plakative Hinweise wie «speziell für Senioren». Solche Botschaften sind kontraproduktiv, da sie von der Zielgruppe als unnötige Stigmatisierung empfunden werden.
Ein Blick in die Zukunft
Ob Tourismus, Konsumgüter oder digitale Dienstleistungen – in der Schweiz wird klar: Produkte und Werbung müssen den Bedürfnissen einer alternden Gesellschaft gerecht werden, ohne aufdringlich oder stereotyp zu wirken. Denn diese Generation ist nicht nur zahlreich und finanzstark, sondern auch einflussreich. Sie möchte die Zukunft mitgestalten und dabei ihr aktives Leben in vollen Zügen genießen.
Eines ist sicher: Wer diese Zielgruppe ernst nimmt, muss sich von alten Denkmustern verabschieden. Denn eines wollen sie auf keinen Fall: Senioren genannt werden.
«Die heutigen Senioren sind mit den Beatles und Rolling Stones gross geworden und haben wildere Zeiten erlebt als so manche Generation nach ihnen. Sie reagieren geradezu allergisch, wenn sie als Senioren angesprochen werden», wie Nadine Borter, Inhaberin und Chefin der Berner Werbeagentur Contexta, der Berner Zeitung gesagt hat.
Die Senioren, auf die Contexta für ihre Werbekampagnen setzt, sind deshalb echte Charakterköpfe. Das sind zum Beispiel die urchigen und schweigsamen Sennen, welche den Konsumenten den Appenzeller Käse schmackhaft machen sollen. Ein gutes Beispiel, wie Werbung für und mit nicht mehr ganz jungen Personen funktioniert.