Ein Nickerchen fürs Gedächtnis? – Visento
Ein Nickerchen fürs Gedächtnis?
Gesundheit/Medizin
Eine Mittagsruhe ist auch für Senioren gesund.

Ein Nickerchen fürs Gedächtnis?

18.09.2025
von pero · 218 x gelesen

Mittags, wenn die Energie nachlässt, legen viele Menschen gern die Füsse hoch. Manche gönnen sich ein paar Minuten Ruhe, andere schlafen richtig ein. Lange galt der Mittagsschlaf als Angewohnheit, die man eher mit Kleinkindern oder südlichen Ländern verbindet. Doch in den letzten Jahren hat die Wissenschaft genauer hingeschaut – und herausgefunden: Ein kurzer Mittagsschlaf kann durchaus die geistige Leistungsfähigkeit steigern. Aber wie viel Schlaf ist sinnvoll? Und was bedeutet das gerade für ältere Menschen?

Warum wir mittags müde werden

Unser Körper folgt einem inneren Rhythmus, der sogenannten zirkadianen Uhr. Gegen Mittag sinkt die Aufmerksamkeit spürbar ab – selbst dann, wenn wir in der Nacht ausreichend geschlafen haben. Müdigkeit, langsamere Reaktionen und ein Gefühl von „Schwere“ sind die Folge. Ein kurzer Nap zur richtigen Zeit kann diese Phase überbrücken und neue Energie bringen.

Was Studien zeigen

  • Kurzschlaf von 10–30 Minuten: Diese sogenannten „Power Naps“ wirken besonders positiv. Studien belegen, dass schon wenige Minuten Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit verbessern können. Auch die Stimmung hellt sich meist auf (Takahashi et al., 2010).
  • Mittlere Dauer von 30–45 Minuten: Hier können zusätzlich Gedächtnis und Entscheidungsfähigkeit profitieren. Allerdings besteht ein höheres Risiko, nach dem Aufwachen zunächst etwas benommen zu sein – die sogenannte Schlafträgheit (Eken et al., 2024).
  • Lange Nickerchen über 60 Minuten: Sie ermöglichen tiefere Schlafphasen, die für Lernprozesse hilfreich sind. Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, dass sehr lange oder häufige Naps bei älteren Menschen mit einem höheren Risiko für kognitive Beeinträchtigungen in Verbindung stehen können (Li et al., 2022).

Besonders interessant: Eine japanische Langzeitstudie mit über 5’000 Teilnehmenden ergab, dass Menschen, die regelmässig weniger als 30 Minuten am Tag schliefen, ein geringeres Risiko hatten, im Alter geistig abzubauen (Kitamura et al., 2021).

Mittagsschlaf und das Gedächtnis im Alter

Für Seniorinnen und Senioren ist das Thema besonders spannend. Mit zunehmendem Alter verändern sich die Schlafgewohnheiten: Der Nachtschlaf wird oft leichter und kürzer, dafür treten tagsüber häufiger Müdigkeitsphasen auf. Ein kurzes, geplantes Schläfchen am frühen Nachmittag kann helfen, Energie und geistige Frische zurückzubringen – ohne den Nachtschlaf zu stören.

Allerdings: Wenn jemand regelmässig sehr lange oder schon am Vormittag einschläft, kann das auch ein Hinweis auf gesundheitliche Probleme sein, etwa Schlafapnoe oder eine beginnende Demenz. Forschende in den USA fanden heraus, dass häufige Nickerchen am Morgen mit Veränderungen im Gehirn in Zusammenhang stehen, die für Alzheimer typisch sind (Gao et al., 2025). In solchen Fällen lohnt sich ein Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt.

Tipps für das perfekte Nickerchen

  1. Dauer begrenzen: 20 bis 30 Minuten sind ideal. So wird man wacher, ohne in den Tiefschlaf zu geraten.
  2. Richtiger Zeitpunkt: Am besten zwischen 13 und 15 Uhr, wenn das natürliche Müdigkeitstief einsetzt.
  3. Ruhige Umgebung: Ein bequemer Sessel oder ein stilles Zimmer helfen. Wer mag, kann eine Schlafmaske oder Ohrstöpsel nutzen.
  4. Wecker stellen: Damit das Schläfchen nicht zu lang wird und der Nachtschlaf nicht leidet.
  5. Auf den Körper hören: Wer merkt, dass er nach einem Nap fitter ist, sollte ihn ruhig beibehalten. Wer danach schwer in Gang kommt, kann die Dauer reduzieren.

Pro und Kontra im Überblick

Vorteile:

  • Mehr Aufmerksamkeit und bessere Reaktionsfähigkeit
  • Unterstützung des Gedächtnisses und der Lernfähigkeit
  • Bessere Stimmung und geringeres Stressgefühl

Nachteile:

  • Bei zu langem Schlaf Gefahr der Benommenheit nach dem Aufwachen
  • Mögliche Störung des Nachtschlafs
  • Längere und häufige Naps können ein Warnsignal für gesundheitliche Probleme sein

Fazit

Ein Mittagsschlaf ist längst kein Luxus mehr, sondern kann ein wertvolles Werkzeug sein, um Körper und Geist frisch zu halten – gerade im Alter. Entscheidend ist die richtige Dauer: Kurz und erfrischend statt lang und belastend. Wer also mittags müde wird, darf guten Gewissens die Augen schliessen – am besten mit dem Wecker im Rücken. Und wer feststellt, dass die Müdigkeit überhandnimmt, sollte das als Signal ernst nehmen und ärztlich abklären lassen.

Denn: Ein bewusst eingeplanter Mittagsschlaf kann die geistige Fitness stärken, die Lebensqualität verbessern – und damit ein kleiner, aber wichtiger Beitrag für ein gesundes Älterwerden sein.

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