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Grosseltern 2.0 – warum Enkel heute anders ticken

Politik/Gesellschaft · 06.10.2025
von pero · 112 x gelesen
Grosseltern 2.0 – warum Enkel heute anders ticken

Wer heute Grosseltern ist, erinnert sich oft an eine Zeit, in der die Rollen klar verteilt waren: Die Grossmutter buk Kuchen, der Grossvater erzählte Geschichten vom Militär oder aus der Kindheit. Es war eine Welt mit weniger Hektik, weniger Ablenkung und mit deutlich mehr persönlichen Begegnungen. Heute sieht das anders aus – die Enkelkinder wachsen in einer Welt auf, die von digitalen Geräten, hoher Geschwindigkeit und einem völlig neuen Werteverständnis geprägt ist.

Digitale Generation – und Grosseltern als analoge Anker

Die Enkel von heute leben in einer Welt, in der man Freundschaften über Chats pflegt und Informationen in Sekunden googelt. Sie sind ständig erreichbar, aber selten wirklich präsent. Für viele Grosseltern ist es schwierig, hier den Zugang zu finden – nicht, weil sie nicht technikaffin wären, sondern weil Nähe heute anders funktioniert.

Während frühere Generationen Briefe schrieben oder beim Familienbesuch gemeinsam Fotos anschauten, scrollen Kinder heute durch ihre Instagram-Feeds. Das kann befremdlich wirken. Doch Grosseltern können hier punkten – gerade, weil sie nicht Teil dieser permanenten Online-Welt sind. Sie bieten etwas, das Jugendlichen oft fehlt: Zeit, echtes Zuhören und eine andere Perspektive auf das Leben.

Veränderte Werte – Selbstbestimmung statt Gehorsam

Ein grosser Unterschied zwischen früher und heute ist der Umgang mit Autorität. Wo früher das Wort der Grosseltern Gewicht hatte, zählt heute die Meinung der Enkel – und das ist nicht negativ. Kinder und Jugendliche wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass sie mitreden dürfen. Für Grosseltern bedeutet das, loszulassen und zuzuhören, statt zu belehren.

Das kann im Alltag heissen, nicht gleich zu urteilen, wenn der Enkel statt eines Lehrberufs lieber ein „Gap Year“ plant oder die Enkelin mit pinken Haaren und politischem Engagement überrascht. Offenheit und Akzeptanz schaffen eine neue Form der Verbundenheit – eine Beziehung auf Augenhöhe.

Beispiel aus dem Alltag: Oma auf Instagram

Ein schönes Beispiel ist die 70-jährige Ruth aus Thun. Mit Kindern und Enkelkindern kommuniziert sie häufig via Whatsapp, postet regelmässig Fotos, schreibt Kurzmitteilungen statt Briefe. Es ist ein Dialog entstanden, der Generationen verbindet. Ruth sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass mich Social Media einmal näher zu meinen Enkeln bringt.“

Solche Geschichten zeigen: Es braucht kein grosses Wissen über Technik, um Anschluss zu finden. Es genügt, neugierig zu bleiben – und den Mut zu haben, Neues auszuprobieren.

Die neue Rolle: Wegbegleiter statt Erzieher

Grosseltern von heute haben oft mehr Lebensenergie, mehr Bildung und mehr Freiheitsgefühl als frühere Generationen. Viele sind selbst noch berufstätig oder aktiv im Vereinsleben. Ihre Aufgabe ist nicht mehr, die Enkel zu „formen“, sondern sie zu begleiten. Kinder spüren schnell, ob jemand sie ernst nimmt. Wer ihnen Fragen stellt, statt Antworten zu geben, bleibt in ihrer Welt willkommen.

Das bedeutet auch: Grenzen akzeptieren. Nicht jedes Kind möchte täglich telefonieren oder Fotos zeigen. Manchmal reicht eine kurze Nachricht, ein Brief oder ein spontaner Besuch. Wichtig ist, dass Grosseltern spüren, wann Nähe gut tut – und wann Abstand notwendig ist.

Verbindung durch gemeinsame Erlebnisse

Ob gemeinsames Kochen, Wandern, Basteln oder einfach ein Spaziergang: Das, was Generationen verbindet, sind geteilte Erlebnisse. Viele Jugendliche erzählen später nicht von Chatverläufen, sondern von Momenten mit Menschen, die ihnen etwas bedeutet haben. Grosseltern haben die Chance, solche Erinnerungen zu schaffen – ganz ohne Filter, ganz ohne App.

Und manchmal ist das Schönste, was sie tun können: einfach da sein, zuhören und die Welt der Enkel neugierig mit eigenen Augen betrachten. Denn auch wenn die Zeiten sich geändert haben – Liebe, Interesse und gegenseitiger Respekt bleiben zeitlos.

„Grosseltern 2.0“ bedeutet nicht, mit den Enkeln Schritt zu halten oder dieselben Interessen zu teilen. Es heisst, offen zu bleiben für das, was sie bewegt, und zugleich Werte zu vermitteln, die Bestand haben. Wer das schafft, wird nicht als „altmodisch“ wahrgenommen, sondern als Mensch mit Lebenserfahrung, Humor und Herz.

Und genau das brauchen viele junge Menschen heute: ein Gegenüber, das zuhört, ohne zu urteilen – und da ist, wenn’s drauf ankommt.

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