In der Schweiz leiden viele Menschen unter der Zwangslage, aufgrund der hohen Mietpreise in überfüllten Wohnverhältnissen leben zu müssen. Kinder in Familien müssen sich Zimmer teilen, und in Wohngemeinschaften werden nahezu alle Räume ausser der Küche als Schlafzimmer genutzt, da gemeinsame Wohnzimmer aufgrund der Kosten ein Luxus geworden sind. Im Gegensatz dazu beanspruchen Rentner nach ihrer Pensionierung im Durchschnitt wesentlich mehr Wohnfläche pro Person als die erwerbstätige städtische Bevölkerung, die sich mit deutlich weniger Raum zufriedengeben muss.
Die Raiffeisenbank identifiziert in ihrer Studie zum Schweizer Immobilienmarkt eine «groteske Fehlverteilung» von Wohnraum, verursacht durch das Schweizer Mietrecht. Dieses begrenzt die Mieterhöhungen nach Vertragsabschluss stark, was dazu führt, dass bestehende Mietverhältnisse weit unter den Marktpreisen für neue Angebote liegen. Die Folge ist, dass ältere Mietverhältnisse in den grössten Städten für die gleiche Wohnung deutlich weniger zahlen als neue Mieter.
Diese Diskrepanz verhindert, dass Menschen in kleinere Wohnungen umziehen, da sich die Mieten für neue, kleinere Wohnungen kaum von denen für grössere Bestandswohnungen unterscheiden. Zudem bleiben viele Mieter über Jahrzehnte in denselben Wohnungen, was insbesondere bei älteren Menschen auffällt, die trotz eines sinkenden Platzbedarfs selten umziehen. Diese Praxis führt zu einer ineffizienten Nutzung des knappen Wohnraums und benachteiligt jüngere oder wachsende Haushalte.
Raiffeisen schlägt vor, die Verteilung von Wohnfläche durch Anpassung des Mietrechts zu verbessern, um die Wohnungsnot zu lindern und den Wohnraum gerechter zu verteilen. Eine solche Massnahme könnte zusätzlichen Wohnraum für fast 450'000 Menschen schaffen. Allerdings sehen die Autoren der Studie tiefgreifende Änderungen im Mietrecht als schwierig umsetzbar an und weisen auf die damit verbundenen Herausforderungen und möglichen Marktauswirkungen hin.